Das 1963 in den USA gegründete Unternehmen Weight Watchers hat eine
erstaunliche Expansion in über 70 Länder der Welt hinter sich
gebracht und ist seit 1970 auch in Deutschland präsent. Die heute
als Aktiengesellschaft in New York City ansässige Firma ist die
größte Selbsthilfe-Gruppe der Welt mit etwa 1,5 Mio Teilnehmern und
über 16.000 Gruppenleiterinnen.
Zahlreiche Forschungsteams haben sich im Laufe der Jahre schon mit
den erzielten Gewichtsreduktionen intensiv befasst und mehrheitlich
große Fortschritte bescheinigt.
Aber worin liegt eigentlich das Geheimnis dieses einmaligen Erfolges? Und warum fühlen sich so viele Abnehmwillige gerade von Weight Watchers angezogen, obwohl zahlreiche Diäterfinder noch schnellere Ergebnisse versprechen?
Eine aktuelle Studie, die im Journal of Consumer Research veröffentlicht wurde, hat sich vor allem mit den psychologischen Effekten der Gruppentherapie beschäftigt und ermittelt, dass Diätwillige sich wegen einer speziellen Mischung aus sozialen und therapeutischen Komponenten zu Weight Watchers als einem “spirituellen Gesamtkonzept” hingezogen fühlen.
Die Autoren der Untersuchung, Risto Moisio von der California State University Long Beach und Mariam Beruchashwili von der California State University Northridge, beobachteten wöchentliche Gruppentreffen und interviewten sowohl Teilnehmerinnen als auch Gruppenleiterinnen. Nach ihren Erkenntnissen attestieren sie Weight Watchers einen beeindruckenden Leistungsumfang auf dem psychologischen Sektor.
Auch wenn Weight Watchers durch seine Medienpräsentationen zunächst den Eindruck erweckt, das Abnehmen bilde das einzige Ziel, gehen die sozialen und psychologischen Wirkungen der wöchentlichen Treffen weit über den vordergründigen Diätzweck hinaus.
Die Forscher kamen im Laufe ihrer Interviews zu dem Schluss, dass
Weight Watchers das allgemeine Wohlbefinden und Selbstbewusstsein
Übergewichtiger, die sonst zumeist einer völlig verständnislosen und
ablehnenden Umgebung gegenüberstehen, erheblich zu stärken vermag.
Die Gewichtsabnahme ist ein komplexer Prozess mit vielen
Schwierigkeiten psychologischer, sozialer und körperlicher Art. Um
Veränderungen auf allen diesen Ebenen meistern zu können, wenden
sich die Mitglieder an Weight Watchers.
Die meisten Teilnehmer haben im Zusammenhang mit den Kämpfen um die
Gewichtsabnahme schon viele traumatische Erlebnisse gesammelt, die
sie in der Gruppe zu überwinden versuchen. So wird ihre Gruppe zu
einem wichtigen Zufluchtsort, in der sie universelle therapeutische
Unterstützung suchen.
Die Selbsthilfegruppe fungiert nicht nur als Leiter und Wächter,
deren Einfluss auch auf die schwierigen Phasen innerhalb der allein
zu überstehenden Woche ausstrahlt, sondern bietet auch Verständnis
für Rückfälle und Mißerfolge auf dem steinigen Weg. Daneben hält das
System, das an Fortschritte stets Belohnungen und Prestigegewinn
koppelt, starke Anreize zum Durchhalten parat. Für viele Mitglieder
bilden die wöchentlichen Treffen daher den elementaren Kern ihres
Wohlbefindens und werden zum Lebensmittelpunkt.
Nach den Schlussfolgerungen der Untersucher sind schließlich Verständnis und Anerkennung durch andere Gruppenmitglieder die wesentlichen Faktoren, die Mitglieder zur Gruppe ziehen und ihnen darin festen Halt bieten, so dass die regelmäßigen Treffen letztlich Beliebtheit und Gesamterfolg des Weight-Watchers-Konzepts ausmachen.
Risto Moisio and Mariam Beruchashvili. "Questing for Well-Being at Weight Watchers: The Role of Spiritual-Therapeutic Model in a Support Group." Journal of Consumer Research: February 2010 (published online July 23, 2009).